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Kulturwissenschaftliche Fakultät – Fachgruppe Geschichte

Wirtschafts- und Sozialgeschichte – Prof. Dr. Jan-Otmar Hesse & Prof. Dr. Sebastian Teupe

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Exportweltmeister. Geschichte einer deutschen Obsession (Hesse)

Exportweltmeister. Geschichte einer deutschen Obsession. Opus-Magnum-Förderung der Volkswagen-Stiftung, 2021-2022

Im Jahr 1986 überstiegen die Exporte der Bundesrepublik Deutschland zum ersten Mal die der Vereinigten Staaten von Amerika, bis dahin das exportstärkste Land der Welt. Der Nationalstolz des Landes, der nach dem verlorenen Finale bei der Fußballweltmeisterschaft in Mexiko City einen Dämpfer erhalten hatte, konnte nun wenigstens unter Journalisten wieder hergestellt werden, die damals den Titel des „Exportweltmeisters“ verliehen. Tatsächlich war es bemerkenswert, dass eine Bevölkerung von nur 61 Mio. Menschen in der Mitte Europas mehr Güter exportierte, als 240 Mio. Amerikaner und 121 Mio. Japaner. Wie wurde aus der deutschen Wirtschaft, die traditionell wesentlich mehr Güter importierte als sie exportierte, nach dem Zweiten Weltkrieg eine der erfolgreichsten Exportökonomien der Welt?

Im opus magnum wird die These vertreten, dass im Denken und Handeln von Politikern und Managern in Deutschland die Orientierung am Export tief verankert war und hieraus im Verlauf des 20. Jahrhunderts eine besondere Handlungslogik entstand, die andere gesellschaftspolitische Ziele dem Export mehr und mehr unterordnete. Die Exportstärke der bundesdeutschen Wirtschaft folgte mithin nicht zwangsläufig aus der spezifischen Güterstruktur und Produktionsweise der deutschen Unternehmen, der Kostenstruktur oder gar durch besondere Fähigkeiten der inländischen Beschäftigten, sondern wurde erst durch die spezifische Handlungsweise der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft herbeigeführt. Die punktuelle Exportorientierung einiger Branchen und Unternehmen wurde zu einer wirtschaftspolitischen Obsession übersteigert.

Im vorgeschlagenen Buchprojekt soll diese Exportobsession historisch hergeleitet werden. Hierzu werden die Felder, auf denen die Exportorientierung ausgespielt wurde, zusammengeführt: Neben der klassischen Handelspolitik waren vor allem die Währungspolitik und ein weitläufiges Dickicht an diversen z.B. steuerlichen Fördermaßnahmen entscheidende Faktoren der bundesdeutschen Exportweltmeisterschaft. Hinzu kam die „Globalisierung“ der von deutschen Unternehmen gesteuerten Produktionsprozesse in Form von Auslandsinvestitionen und Auftragsverlagerung. Das opus magnum soll diese außenwirtschaftlichen Zusammenhänge erstmals systematisch beschreiben, während in der wirtschaftshistorischen Literatur bislang eine nationalstaatliche Perspektive dominierte. Das Buch leistet einen Beitrag zur Entstehungsgeschichte „globalisierter Volkswirtschaften“ im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts und macht bis heute wirksame Dynamiken sichtbar.


Verantwortlich für die Redaktion: Sevgi Feride Tunay

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