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Kulturwissenschaftliche Fakultät – Fachgruppe Geschichte

Wirtschafts- und Sozialgeschichte – Prof. Dr. Jan-Otmar Hesse

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DAAD-Professur African Economic History

Vom Sommersemester 2021 bis zum Ende des Wintersemesters 2022/23 wurde an der Universität Bayreuth der DAAD-Gastlehrstuhl „African Economic History“ eingerichtet. Der Gastlehrstuhl war Teil des DAAD-Gastdozentenprogramms und ermöglichte es, für einen Zeitraum von zwei Jahren mehrere Gastdozenten an die Universität Bayreuth für jeweils bis zu viermonatigen Aufenthalten einzuladen. Die Wirtschaftsgeschichte Afrikas ist nicht zuletzt durch die Thesen der Entwicklungsökonomen Daron Acemolgu und James Robinson in jüngerer Zeit intensiv diskutiert und durch neue Forschungsergebnisse bereichert worden. Die Universität Bayreuth bietet mit dem Exzellenz-Cluster „Africa Multiple“ und einem neuen Forschungs- und Lehrschwerpunkt in der Wirtschaftsgeschichte ein deutschlandweit einzigartiges Umfeld für die Rezeption dieser Debatten.

Das Ziel des Gastlehrstuhls war die mittelfristige Erweiterung des Lehrangebotes um Themen der afrikanischen Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte, die die Weiterentwicklung des Curriculums eines oder mehrerer Studiengänge ermöglichen und ihre Reichweite und Attraktivität signifikant steigern soll. Insbesondere das Lehrangebot für die Masterstudiengänge History & Economics, Global History und Development Studies wurde in erster Linie angesprochen. Gleichzeitig gab es jedoch auch ein Angebot für die Studierenden der BA-Studiengänge Kulturen und Gesellschaft Afrikas, Internationale Wirtschaft und Entwicklung und Philosophy & Economics, um Interessierte aus verschiedenen wissenschaftlichen Kontexten für das Thema Afrikanische Wirtschaftsgeschichte zu begeistern. Insgesamt war es das Ziel des Gastlehrstuhls, zwei sehr erfolgreiche Fächer der Universität – die Wirtschaftsgeschichte und die Afrikawissenschaften – besser zu integrieren.

Die Gastdozenten

Es kamen insgesamt vier ausgewiesene Experten für afrikanische Wirtschaftsgeschichte nach Bayreuth. Sie baten jeweils drei Kurse in englischer Sprache an, davon zwei Masterkurse und ein Bachelor-Kurs.

George Bob-Milliar (Kumasi, Ghana) Sommersemester 2021

Dr. George M. Bob-Milliar ist ein Experte auf dem Gebiet der Wirtschaftsgeschichte Westafrikas. Er ist Co-Editor der Zeitschrift “African Economic History”, die zu dem wichtigsten Journal der afrikanischen Wirtschaftsgeschichte zählt. In diesem Zusammenhang wirkte er als Herausgeber eines Special Issues der Zeitschrift zur Geschichte Westafrikas. Sein zweiter Schwerpunkt liegt im Bereich der Development Studies und hier insbesondere die Entwicklung des politischen Parteiensystems.

Bob-Milliar gab für alle Student*innen eine Vorlesung zur westafrikanischen Wirtschaftsgeschichte, die in Teilen in die Pflichtveranstaltung des Studiengangs History & Economics „Foundations of Economic History II: Global Economy“ integriert wurde. Weiterhin bat der Dozent ein Seminar zum Thema „Kapitalismus im präkolonialen und kolonialen Asante-Staat“ im Modul „Advanced Development Sociology/Politics“ im Masterstudiengang Development Studies an, das auch von dem Studenten*innen des Afrika-Schwerpunktes des Studiengangs Global History besucht werden konnte. Für die Bachelor-Studiengänge bat Bob-Milliar ein Seminar zur Geschichte der Armut in Afrika an.

Morten Jerven (Norwegen) Wintersemester 2021/22

Morten Jerven von der Norwegian University of Life Sciences (NMBU) legte in der zweiten Gastdozentur den Schwerpunkt auf wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung in Afrika und rückte dabei insbesondere die Probleme der Messung in den Vordergrund. Während in den meisten Staaten der „Industrieländer“ seit dem Zweiten Weltkrieg eine volkswirtschaftlich Gesamtrechnung und für die Zeit seit dem 18. Jahrhundert immerhin zuverlässige Schätzungen vorliegen, ist das für viele afrikanische Staaten nicht der Fall. Hieraus entstehen zahlreiche Missverständnisse und Fehlinterpretationen, wie Morten Jerven meisterhaft in seiner Monographie „Poor Numbers“ zeigt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Forschung zur Finanzgeschichte afrikanischer Staaten.

Die zweite Gastdozentur, die von Morten Jerven (Norwegen) vertreten wurde, schließte einerseits thematisch an die erste Gastdozentur an, andererseits lag ihr Schwerpunkt auf methodischen Problemen und Herausforderungen der afrikanischen Wirtschaftsgeschichte. So bat der Dozent u.a. eine Vorlesung zur Geschichte der Bestimmung des Bruttosozialproduktes in Afrika und ein Masterseminar zur Entstehung und Messung von Armut an. Weil eine Vielzahl der neueren wirtschaftshistorischen Forschung zu Afrika durch die Anwendung von statistischen Methoden produziert wird, scheint eine kritische Reflexion hierüber besonders wichtig.

Ayodeji Olukoju (Lagos, Nigeria) Sommersemester 2022

Prof. Olukoju ist ein Experte auf dem Gebiet der Geschichte des afrikanischen internationalen Seehandels sowie der afrikanischen Unternehmensgeschichte. Er hat insbesondere über die Entwicklung der großen Seehäfen Westafrikas und des darüber abgewickelten Warenhandels geforscht. Im Bereich der Unternehmensgeschichte hat er sich unter anderem mit der Entwicklung der Palmölindustrie in Nigeria beschäftigt und dazu einen Artikel im „Journal of Global History“ veröffentlicht. Methodisch hat er sich zudem ausgiebig mit dem Zustand und der Überlieferungsgeschichte kolonialer Archive beschäftigt, eine Expertise, die im Hinblick auf die Vermittlung von Methoden besonders wertvoll für den Gastlehrstuhl ist.

Prof. Olukoju fügte dem Gastlehrstuhl zwei neue Aspekte hinzu. Erstens ging es um die Kontaktzonen Afrikas mit der Weltwirtschaft. Dazu bat der Dozent eine Vorlesung zur Geschichte der Häfen und des maritimen Handels in Westafrika im 19. und frühen 20. Jahrhundert an, die wiederum in Teilen in die Vorlesung „Foundations II/III: Global Economy“ eingebunden wurde. Weiterhin bat Olukoju für alle drei Masterstudiengänge das Seminar „The Political Economy of Decolonization and Nation Building in West Africa“ an, das sich mit den wirtschaftspolitischen Konzepten und deren Verfechtern in der Dekolonisierungsperiode beschäftigte. Die dritte Gastdozentur bat außerdem eine Einführung in die afrikanische Unternehmensgeschichte an. Weiterhin stellte der Dozent seine Expertise im Bereich des afrikanischen Archivwesens zur Verfügung, indem er sich an dem Seminar „Historical Methods in Economic History“ des Masterstudiengangs History & Economics beteiligte.

Grietjie Verhoef (Johannesburg, Südafrika) Wintersemester 2022/23

Prof. Verhoef ist eine Expertin auf dem Gebiet der afrikanischen Unternehmensgeschichte, insbesondere der Geschichte des afrikanischen Banken- und Versicherungswesens. In diesem Zusammenhang hat sie zudem über die historische Ersparnisbildung und die Geschichte des Sparens und der Sparsamkeit veröffentlicht. Ein zweites Standbein ist die Untersuchung und Konstruktion von Wirtschaftsstatistiken. So hat Verhoef insbesondere das Bruttosozialprodukt Südafrikas von 1850-1910 rekonstruiert. Ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet sind insbesondere für die Student*innen des Masterstudiengangs History & Economics von großer Bedeutung.

Prof. Verhoef erweiterte zum einen den Schwerpunkt „Afrikanische Unternehmensgeschichte“, der von der dritten Dozentur aufgebaut wurde. Dazu gab die Dozentin eine Vorlesung zur Geschichte des Geldes und der Geldinstitute in Afrika, die in Teilen in die Pflichtveranstaltung des Studiengangs History & Economics „Foundations of Economic History III: State and Institutions integriert wurde. Außerdem bat die Dozentin ein Seminar zur Geschichte des Managements, der Kultur und der Internationalisierung afrikanischer Unternehmen an, das u. a. als Veranstaltung in das Wahlpflicht-Modul „Advanced International Economy“ des Studiengangs Development Studies aufgenommen wurde. Außerdem knüpfte die vierte Gastdozentur durch die Vermittlung von Methoden zur Analyse afrikanischer Wirtschaftsstatistiken an die Vorarbeit der zweiten Gastdozentur an. Dazu bat die Dozentin ein eigenes Masterseminar an, das in Teilen in die entsprechenden Methodenseminare der Studiengänge History & Economics und Global History integriert wurde. 


Verantwortlich für die Redaktion: Prof. Dr. Jan-Otmar Hesse

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